Montag, Mai 15, 2006

Das Problem mit der Musikbeschaffung...

Ich hatte in den letzten Jahren recht wenig Zugang zu dem ganzem Drumherum was so zur Musik gehört. Nicht, dass ich an Musik kein Interesse habe. Das Gegenteil ist der Fall. Nur hatte ich keine Ahnung „was man so gerade hören“ muss, weil es „in“ ist. Wie die Leute aussehen, die Musik machten, war mir unbekannt. Dafür gab es mehrere Gründe:

  1. Kein Fernseher

Nachdem Viva2 den, eigentlich schon seit seiner Gründung erwarteten, wirtschaftlichen Fangschuss bekam und sich der Rest der Musiksender sich entschloss, auf die Legende von Coolness und Jugendorientierung zu verzichten, sondern sich ganz unverblümt als Medienkonzerne darstellten, deren primäre Funktion darin besteht, Geld zu machen, wurde klar, dass aus der Richtung wenig zu erwarten war. Der Umstand, dass ich wenig später auch kein empfangsbereites Fernsehgerät zur Verfügung hatte, hat mich von daher auch kaum berührt. Im Gegenteil: Nachdem ich dann irgendwann feststellen musste, dass in fünf Minuten Sendezeit VivaPlus mehr an Werbeeinblendungen für Klingeltöne, Laufschriften mit dämlichen Textbotschaften („Heinzi komm’ zurück zu mir! Dein Puffelmäusschen Sabsi…“) und bunt blinkenden Bannern als bei zwei Stunden Internetnutzung zusammen kommen, überlege ich ernsthaft, in die CDU einzutreten, um die Sendelizenzen derartiger Missetäter durch den Reißwolf jagen zu können.

  1. Kein Hang zur Musikpresse

Es soll ja Menschen geben, die ihren Informationsbedarf durch das intensive Studium einschlägiger Fachzeitschriften stillen. Ich gehöre nicht dazu. Für die Spex war ich nicht cool, für die Rock-Hard nicht blöd genug. Visions pendelte sich für mich immer zwischen gewollter Coolness und erreichter Flachheit ein, so dass ich nie wusste, was ich von dem ganzen Quatsch halten sollte. Die angebliche so gute und geschmackssichere englische Musikpresse befindet sich nach meinem Empfinden eigentlich nur in einem seit zehn Jahren andauernden Zustand der Hyperventilation auf der Suche nach dem nächsten Hype. „Wonderwall Reloaded“ sozusagen. Damit war auch dieses Medium für mich nicht wirklich geeignet.

  1. „Was ist denn mit Radio?“ „Habt ihr sie noch alle?“

Ich lebe im Einzugsgebiet des WDR. Wie soll das funktionieren? Für Einslive bin ich zu alt und für den Rest nicht alt genug!

  1. Die Musikindustrie selber

Irgendwie stört es mich doch, alle 20 Minuten als potentieller Schwerverbrecher verdächtig zu werden, nur weil ich gerne Musik höre UND einen Internetanschluss habe. Dafür wird dann aber im Gegenzug der Kauf von Spacken wie Tokio Hotel oder Tobias Regner als moralisch gesellschaftliche Pflicht von mir erwartet. Am besten gleich ein und dieselbe Platte in mehrfacher Ausführung, da durch Rootkits, DRM und Kopierschutz mir die Möglichkeit genommen wird, die Musik für so exotische Abspielgeräte wie Autoradio oder MP3-Player zu kopieren. Als Tüpfelchen auf dem i übernehmen dann die Konzertveranstalter die Distribution von Konzerttickets zu Schwarzmarktpreisen gleich selbst. Allerdings weiß ich bei dem Punkt nicht so genau, wem ich hier mit mehr Unverständnis begegnen soll. Den Anbietern, für die Chuzpe, Geld in dieser Höhe zu verlangen, oder dem Konsumenten, der blöd genug ist, diese Preise auch noch zu bezahlen!

  1. Plattenläden werden mir unheimlich…

Also Musik bei großen Ketten wie Saturn oder MediaMarkt einzukaufen, ist sowieso ja schon mal indiskutabel. In Hörweite die Videospielabteilung mit lautstarken Gören, die in Klassenstärke angerückt sind, Dauerbeschallung in Form der Albumcharts Plätze 1-10, ein Sortiersystem, welches ohne mit der Wimper zu zucken Green Day bei Metal/Hardrock einsortiert und ein Verkaufspersonal das in seiner Beratungskompetenz diese Einteilung für gut befindet.

Anders hingegen die kleinen Plattenläden. Hier bekommt man sein Futter sogar auf großen schwarzen Scheiben serviert. Man weiß um die Bedeutung eines ausgefeilten Sortiersystems, die Auswahl der Ablage „Neu“ enthält immer wieder den ein oder anderen Schatz und der Verkäufer ist fähig, anhand von vier Takten einer schief vorgesummten Melodie, die man letztens gehört hat, bei der es einem aber zu peinlich war zu fragen wer das denn sei, zu wissen, was man gerade sucht. Allerdings werde ich selber bei dieser Gelegenheit immer häufiger das Opfer das Opfer blöder Fragen. Um das mal zu verdeutlichen ein kleines Beispiel:

„Du ähm, äh ‚ 'tschuldige mal bitte, äh. Kann ich dich mal was fragen?“

„Hmm.“

„Kennst du dich mit Bad Religion aus?“

„Hmm.“

„Ich wollte meinem Bruder eine CD von denen schenken, kann mich aber nicht so ganz entscheiden welche. Die ´Suffer´ oder die ´Generator´?“

„Besitzt dein Bruder bereits eine der CDs?“

„Nein.“

„Dann beide und die´ No Control als Buße´“

„???“

Ich vermute mal, dass ich angequatscht werde, liegt daran, dass meine Ausstrahlung so zwischen „Der könnte so etwas wissen!“ in Kombination mit „Mostly Harmless“ liegt. Ich denke, das Problem ist deutlich geworden. Ich bin weder willens noch fähig, solche Gespräche führen zu können. Wer sich dazu berufen fühlt, soll doch bitte schön einen Leserbrief an eines der oben genannten Magazine richten oder anfangen, in den einschlägigen Foren zu posten. Ich möchte das nicht tun.

Wie kommt man jetzt aus der Misere wieder raus. Wie gesagt: Ich höre ausgesprochen gerne Musik. Für einen Nerd lautet die Antwort auf diese Frage so, wie auf 70 Prozent aller anderen Fragen die man sich vielleicht stellen könnte.

Das Internet! Nein, nicht so wie Ihr das jetzt vielleicht denkt: So mit Musik illegal ´runter laden und so. Gemeint ist viel mehr das Internet als unerschöpfliche Quelle vielfältiger Informationen, die man immer haben wollte (und weitaus mehr Informationen, auf die man gerne verzichtet hätte). Also direkt nachdem man sich DSL besorgt hatte, fröhlich losgesurft, was sich jedoch auch nicht als wirkliche Lösung des Problems erwiesen hatte. Als erstes musste ich feststellen, dass Seiten wie SpiegelOnline oder sueddeutsche.de einen unglaublichen Spaß daran hatten, die Drogenexzesse einer Sau mit dem Namen Pete Doherty durch das digitale Dorf zu treiben. Nachdem ich mich insgeheim bei einer Freundin informierte, wer denn dieser Mensch überhaupt sei, hatte ich zwar etwas mehr inhaltliche Klarheit aber erklären konnte ich mir den ganzen Wirbel trotzdem nicht. Was der Mann für Musik macht, weiß ich bis heute nicht. Dafür konnte ich feststellen, dass die schon bei Aufkommen von Punk und Techno beschworene Demokratisierung des Musik endlich vollzogen wurde. Drei junge Menschen haben bewiesen, dass man auch ohne solche Dinge wie Talent, Befähigung zum Singen oder Beherrschung irgendeiner Sprache es durchaus zu einem Plattenvertrag bringen kann. „Take That“ vereinigen sich wieder und gehen damit denselben Weg, den die Fans, für die damit ein Traum in Erfüllung geht, schon seit Jahren gehen: Sie weigern sich, in Würde zu altern, was sie insofern vergleichbar mit den Rolling Stones macht, wobei Robbie Williams nicht von Palmen fällt. Für mich persönlich musste ich feststellen, dass es sich bei der Band, die ich durch regelmäßige Besuch eines Beschallungsinstitut (vulgo Diskothek) kannte, und als Poppunk mit Frauengesang katalogisiert hatte, als Poppunk mit einem Sänger mit viel zu viel Haaren herausstellte. Wie man länger als drei Minuten diese Tonlage hält, will ich gar nicht wissen…

Ich denke, ich sollte aufhören, das Ganze alles als strukturelles Problem zu sehen, sondern mir klarmachen, dass ich in diesen Gefilden nichts zu suchen habe. Man kann schließlich immer noch die CD-Sammlungen der Freunde und Bekannten räubern. Obwohl diese Geschichte ist ja schon sehr interessant. Und dann habe ich dann noch letztens ´was über einen gewissen Ben Folds gelesen...

7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

(strahl) Großartig!!! „Mostly harmless“ glaub ich nix von. Deine Art der Buße ist aber auf jeden Fall einen Beitritt bzw. keinen Austritt aus der Religion wert!
Pandora ist ja btw echt krass! Und wie macht dieser „Typ“ das mit der Stimme?

Anonym hat gesagt…

... full ack! ... öfter ´mal die "Suffer" zu kaufen, wird die Kiddies Demut lehren!

Anonym hat gesagt…

... Hallo???!!


"Für einen Nerd lautet die Antwort auf diese Frage so, wie auf 70 Prozent aller anderen Fragen die man sich vielleicht stellen könnte.

Das Internet!"


Was sollen denn die restlichen 30 Prozent sein???

Anonym hat gesagt…

42

Anonym hat gesagt…

70 + 23 = 93

... fehlen 7

70 + 42 = 112

... 12 zu viel

... 7 + 12 = 19

+ 4 Rechenschritte = 23... QED!

... noch Fragen?

Anonym hat gesagt…

...wenn Geistis mit Zahlen jonglieren wird´s echt keine artistische Zirkusnummer.

Anonym hat gesagt…

... ich fand´s überzeugend...